Schlussbouquet „10 Jahre Woche der Religionen“:

Am 13. November 2016 fand das Schlussbouquet „10 Jahre Woche der Religionen“ in Basel statt. Das interreligiöse Forum Basel, Mission 21 und das Katharinawerk waren die Veranstalterinnen. Es war ein gelungener, auch witziger Anlass, der die Vielfältigkeit und Ähnlichkeit der Religionen beleuchtete.


mirsada voser und peter dietzGesprächstheater aus Sarajevo
Ein Imam, ein Rabbi und ein Pfarrer sprechen über Gott und die Welt

Mirsada Voser, Präsidentin des muslimisch bosnischen Frauenvereins Basel, hat für die Matinée im Oekolampad ein kleines Theaterstück geschrieben. Auf einem Podest wurde ein gemütliches Sofa mit einem kleinen Tischchen aufgebaut, das ein gemütliches Kaffeehaus darstellt. In diesem Kaffeehaus in der Altstadt von Sarajevo treffen sich sich der Pope Dragustin, der Imam Hasan und der Rabbi Isaak zum monatlichen Meinungsaustausch.

 

Eigentlich haben drei junge Schauspieler sich vorbereitet und das Stück  zusammen eingeübt um es an diesem Morgen aufzuführen. Nun erkrankten leider zwei von ihnen an Grippe, und der dritte verlor den Mut aufzutreten. Jetzt war Improvisation gefragt, um nicht die ganze Matinée platzen zu lassen. Mirsada Voser entschloss sich, alle drei Rollen selbst zu übernehmen und das Theater quasi als Einfraustück aufzuführen. Um die Rollen besser unterscheiden zu können, benützte sie drei verschiedene Hüte: einen grossen schwarzen für den Popen, eine Kippa für den Rabbi und einen roten mit Kordel für den Imam. Peter Dietz, Co-Präsident des Interreligiösen Forums, übernam kurzfristig die „wichtige“ Rolle des Obers, der den „dreien“ den Kaffee servierte.

 

Das Gespräch ging vergnüglich, ernst, aber mit viel Humor hin und her. Rabbi Isaak zum Beispiel bestellt eine Limonade ohne Limone und ohne Zucker, den er dabei habe, also ein Glas Wasser. Der Imam Hassan macht dem Popen den Vorschlag seinen Gottesdienst, da er eh nur noch wenige Leute in die Kirche kommen, kurzerhand in die Moschee zu verlegen, wo es mehr Menschen habe. Schliesslich würden sie ja denselben Gott verehren. Wo denn das Problem sei? Weitere Themen waren Sexualität, Monogamie oder Polygamie, oder das Läuten der Kirchenglocken versus dem Rufen des Muezins gegenüber der Stille und Zurückgezogenheit der Juden. Alkohol und Schweinefleisch gaben Anlass zu weiteren kleinen Sticheleien.

 

Es war aber gut zu beobachten, was auch die Intention von Mirsada Voser war, wie sich die drei unterschiedlichen Figuren eigentlich gut freundschaftlich verstehen, einander mit ihren Eigenheiten leben lassen. Mirsada Voser kennt die drei Herren auch aus dem wirklichen Leben in Sarajevo. Nach gut 20 Jahren Kriegsende in Bosnien ist nun wieder eine Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften möglich und werden Schritte aufeinander zu gemacht.

 

Ein kurzer Meinungsaustausch rundete die gelungene Matinée ab. Nun warten wir gespannt auf das Skript des Theaterstücks mit weiteren Gesprächen von Rabbi Isaak, Imam Hassan und Pope Dragustin.

 

Ideenworkshop zur Friedensarbeit am Beispiel Indonesiens
Nach der Mittagspause leitete Christian Weber von Mission 21 einen Workshop, der den Teilnehmenden einen Einblick in die interreligiöse Friedensarbeit am Beispiel Indonesiens gab. Dort sind zwar fünf Religionen anerkannt, nebst dem Islam das Christentum, der Hinduismus, der Buddhismus und der Konfuzianismus. Doch die Marginalisierung von Religionsgruppen und religiösen Minderheiten äussert sich im Alltag mit diskriminierenden Regelungen und Auswirkungen, sowie durch die Präsenz radikaler religiöser Gruppierungen. Dies schürt das gegenseitige Misstrauen.

 

Mission 21 arbeitet vor Ort mit Partnerorganisationen am interreligiösen Frieden. Die Begegnung ist zentral, wie Workshopleiter Christian Weber aufzeigt. DSo werden beispielsweise Begegnungscamps für Jugendliche organisiert, bei denen sie Angehörige anderer Religionen kennenlernen. Wissen über die jeweils andere Religionsgruppe wird ausgetauscht und damit werden Vorurteile entkräftet und abgebaut.

 

Yak TanzSacred Music aus aller Welt

Sacred Music aus aller Welt – Perlen der vielfältigen Musik-, Tanz- und Gesangstraditionen aus verschiedenen religiös-kulturellen Gemeinschaften haben von 16-20 Uhr uns in der Tiefe berührt und gezeigt, wie Hören und Sehen in aller Andersartigkeit der Töne und Bewegungen uns zu einem viel intensiveren Verstehen und Erfahren der andern Traditionen führen kann als dies der „nur“ intellektuelle Dialog je tun kann. Berührend war auch, dass viele junge Menschen sich mit so viel Engagement und Freude auf die religiös-kulturelle Tradition der Herkunftsländer ihrer Eltern einlassen und so unser Zusammensein bereichern und Respekt und Achtung voreinander fördern.

 

Die Tanzgruppe der Tibeter in Basel beeindruckte vor allem mit dem traditionellen Yaktanz aus Kham in Nordtibet. Das Yak ist nicht nur ein Symboltier der Tibeter: es schenkt den Menschen in den Höhen des Himalaya alles was sie brauchen. Alles vom Yak wird von den Menschen verwendet: das Fleisch, die Milch, die Knochen, die Haut, der Yakmist. Der Yak macht oder machte das Überleben der Nomaden auf dieser Meereshöhe erst möglich.


Ritualmusik SikhDie west-östliche Musik aus christlicher Tradition war in ihrer Intensität und in der Zusammenstellung der Instrumente (Violine und Akkordeon) ebenfalls nicht alltäglich, auch nicht für uns westliche Zuhörende. Die Musik von J. Brahms, Sofia Gubaidulina, J.S. Bach und Béla Bartok war weder fürs Spielen noch für die Zuhörerohren einfache Kost, wurde aber durch die die beiden Musiker in solcher Intensität gespielt, dass wirklich Ost und West eins werden konnten.


Die Ritualmusik der Sikh-Tradition wurde gesungen und gespielt von einer der drei Jugendgruppen der Sikh-Gemeinde der Schweiz. Die Wechselgesänge zum Lob Gottes, begleitet von spiritueller Musik, hat mit der Innigkeit, in der die Kinder spielten und sangen einen Funken überspringen lassen in eine aufmerksame Stille hinein. Dabei war auch noch die Gelegenheit, dass Gurdeep Singh Kundan in Kürze die vielen Anwesenden noch unbekannte Sikhreligion näher bringen konnte.

 

Nach dem interkulturellen Apéro hat die Jugend-Tanzgruppe des Bosnisch-Islamischen Vereins wieder zum Konzert zurückgeholt. Die Präsenz der Kinder und Jugendlichen beim traditionellen Volkstanz war beeindruckend und liess auf ein intensives und engagiertes Training schliessen. Mit so viel Freude die eigene Tradition leben, nicht nur aufführen, macht Hoffnung. bosnische TanzgruppeEbenso der Gesang von Liedern der bosnischen Sufi-Tradition – Sufi-Gemeinschaften sind in Bosnien verbreitet. An diesem Nachmittag wurden sie von einer Frauengruppe gesungen.


Für die alevitische Tradition – die immer wieder in der Türkei verboten und verfolgt war, und ist – sind die religiösen Lieder, begleitet von der Langhalslaute (Saz) in der Verkündigung des Glaubens und in den religiösen Zusammenkünften in den Zentren und Cem-Häusern von entscheidender Bedeutung. Gerade weil durch die Verfolgung viele schriftliche Zeugnisse verloren gegangen sind ist diese mündliche Weitergabe der Religion von grosser Bedeutung. Neben dem Gesang und Spiel konnte auch das Alevitentum verständlicher gemacht werden.


Für die jüdische Tradition ist der Gesang besonders wichtig. In der liberalen jüdischen Gemeinde in Basel – Migwan – wird viel gesungen, gibt es doch keine Begleitinstrumente zum Gottesdienst. Dan Dunkelblum hat uns die verschiedenen Gesangstraditionen aus Ost und West vorgestellt, und mit Jugendlichen der Gemeinde und dem Publikum einen Kanon gesungen – und Thorah-Texte, ebenfalls in den verschiedenen Gesangstraditionen, erfahrbar gemacht. Tempelmusik HinduDie unterschiedlichen Formen des Gotteslobs aus einer Stimme waren eindrücklich.


Die Tempelmusiker des Hindutempels Basel spielten zum Schluss Musik, die traditionellerweise nur bei Tempelfesten gespielt wird. Die Musiker mit der Thavil (Trommel) und den Flöten (Nathaswaram) nahmen die Anwesenden in ihrer Spiel- und Tonintensität hinein in eine spirituelle Welt, die ganz anders ist als die unsere – die aber etwas von dem bewegten und bewegenden Aufbruch, der vor uns stand, versinnbildlichte.

 

Die Vielfältigkeit in den musikalischen Glaubenstraditionen ist unser aller Reichtum!

 

Peter Dietz, Christian Meier, Heidi Ruolf